““… wenn ich wüsste, wo der nächste Flugzeugabsturz ist, den Flug würde ich buchen.“ Das sagt ein 46-jähriger Mann, der nicht mehr weiß, wie er in seiner Welt leben kann. Seit 14 Jahren leidet Uwe W. an einer schweren Depression.
Er hat sich in ein kleines Appartement zurückgezogen und scheut den Kontakt zu anderen Menschen. Die Einzigen, die ihn regelmäßig besuchen dürfen, sind seine beiden Töchter. Sie leiden darunter, dass ihr Vater nichts mehr fühlen kann, auch nicht für sie. Er hat vieles hinter sich: Tabletten, Psychotherapien und 60 Elektrokrampftherapien. Eine letzte Chance sieht er in der Implantation eines Hirnschrittmachers.
Uwe W. ist der elfte Patient mit Depression in Europa, bei dem untersucht werden soll, ob die Hirnstimulation erfolgreich sein kann. Professor Dr. Sturm von der Universitätsklinik Köln ist davon überzeugt, dass bei der Depression ein gestörter Stoffwechsel Regelkreise im Gehirn aus dem Takt bringt. Zwei Elektroden im Kopf sollen mit ihrer Stromabgabe das Gleichgewicht wiederherstellen. Viele Stunden sitzen er und seine Kollegen am Tag der Operation vor den radiologischen Aufnahmen des Gehirns von Uwe W. und planen den Weg zum Zielpunkt. Sie müssen die Elektrodenlaufbahn millimetergenau navigieren. Die Verletzung eines Gefäßes würde einem Schlaganfall gleichkommen.
Auch Siegfried von C. erhofft sich durch den Hirnschrittmacher ein Leben, das er wieder selbstständig gestalten kann. Die Parkinson-Erkrankung hat den ehemaligen Dachdecker berufsunfähig gemacht. Wenn er trinken, essen oder auf die Toilette gehen möchte, hilft ihm seine Frau, die sich mittlerweile auch am Ende ihrer Kräfte fühlt.
Anderthalb Jahre begleitete die Autorin Julia Horn beide Männer durch Krankheit und Operationen - der eine gefangen in seiner Gefühllosigkeit, der andere eingesperrt in seinem Körper. Dabei erlebt sie Szenen zwischen Verzweiflung und Hoffnung.“