Leider haben die meisten Psychotherapeuten in Deutschland sehr lange Wartezeiten - meist zwischen 6 und 12 Monaten. Völlig unzumutbar, denn die meisten Betroffenen warten ohnehin viel zu lange, bevor sie sich nach Hilfe umsehen und brauchen sie dann sofort. Ein halbes Jahr oder länger zu warten ist eigentlich unzumutbar - und dennoch normal.
Das liegt daran, dass die Zahl der Psychotherapeuten mit Kassenzulassung durch die Kassenärztliche Vereinigung begrenzt wird und die Bedarfszahlen völlig veraltet sind und sich nicht an dem tatsächlichen Bedarf von heute orientieren.\
Machen Sie sich also auf einen Telefonmarathon gefasst. Sie finden Telefonnummern von Psychologischen und Ärztlichen Psychotherapeuten (zu den Begrifflichkeiten komme ich später) in den Gelben Seiten und im Internet (Achtung: die Kosten für Termine bei Heilpraktikern und Coaches werden von den Gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen!) oder Sie lassen sich eine Liste von Ihrer Krankenkasse zuschicken. Fragen Sie auch in psychosomatischen und psychiatrischen Kliniken in Ihrer Nähe nach, vielfach haben diese Institutsambulanzen, in denen ambulante Psychotherapien durchgeführt werden.
Wenn Sie bei den Therapeuten anrufen, landen Sie mit großer Wahrscheinlichkeit zunächst einmal auf einem Anrufbeantworter. Die Therapiesitzungen sollen möglichst ungestört ablaufen und es wäre äußerst hinderlich, wenn alle paar Minuten das Telefon klingeln und der Therapeut die Sitzung mit seinem Patienten unterbrechen müsste, um ans Telefon zu gehen. Deshalb haben die meisten festgelegte Telefonsprechzeiten, häufig ist das nur eine halbe Stunde in der Woche - dies können Sie der Ansage entnehmen, notieren Sie es sich am besten, damit Sie zu entsprechender Zeit noch einmal bei ihm anrufen können.. Einige Therapeuten sprechen auch für Sie wichtige Informationen aufs Band, z.B. dass ihre Warteliste voll ist oder wie lang die Wartezeit voraussichtlich ist.
Wenn Sie einen Therapeuten an der Strippe haben, fragen Sie, wie schnell er Ihnen ein Erstgespräch anbieten kann. Wahrscheinlich lautet die Antwort „nicht in nächster Zeit“ oder „frühestens in x Monaten“. Lassen Sie sich auf so viele Wartelisten wie möglich setzen - absagen können Sie immer noch (bitte tun Sie es auch, wenn Sie einen Therapieplatz haben, damit keiner eine Warteliste voller Karteileichen führt). Je flexibler Sie in Ihren Terminen sind, desto eher werden Sie ein Erstgespräch bekommen können; wenn Sie jeweils nur Dienstags zwischen 19 und 20 Uhr Zeit haben, könnte es schwierig werden.
Manche Therapeuten haben so viele Anfragen, dass sie ihre Warteliste bereits geschlossen haben oder gar keine mehr führen.
Die meisten legen viel Wert darauf, dass ihre zukünftigen Patienten selbst anrufen und dies nicht von einer anderen Person erledigen lassen. Der Therapeut möchte sicherstellen, dass Sie die nötige Motivation für die Therapie mitbringen. Wenn es Ihnen zu schlecht geht um selbst anzurufen, geht es Ihnen auch zu schlecht für eine ambulante Therapie - in diesem Fall wären Sie zunächst in einer Klinik zur Stabilisierung besser aufgehoben.
Vielleicht bekommen Sie aber auch recht schnell einen Termin. Das hat dann nicht zwangsläufig etwas damit zu tun, dass der Therapeut schlecht ist, möglicherweise ist gerade kurz zuvor ein anderer Patient abgesprungen und Sie hatten Glück,oder es handelt sich um eine neue Praxis.
Sie brauchen zunächst keine Überweisung von einem Arzt mitbringen, Ihre Versichtertenkarte genügt völlig. Bevor ein offizieller Therapieantrag gestellt werden muss, haben Sie fünf Probesitzungen („probatorische Sitzungen“) Zeit zu überprüfen, ob die Chemie zwischen Ihnen und dem Therapeuten stimmt. Fragen Sie sich: Fühle ich mich bei dieser Person gut aufgehoben? Fühle ich mich verstanden? Kann ich mit dem, was der Therapeut sagt, etwas anfangen? Kann ich mir vorstellen, dass eine Therapie bei dieser Person Erfolg hätte?
Wenn Sie die Therapie bei diesem Therapeuten beginnen möchten, muss er auch noch zustimmen. Er hat das Recht, Sie als Patient abzulehnen; dies sollten Sie nicht persönlich nehmen, das kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Wenn er sich z.B. nicht ausreichend qualifiziert für die Art Ihrer Beschwerden fühlt, wäre es nicht richtig von ihm, Sie trotzdem zu übernehmen. Vielleicht hat es aber auch rein private Gründe - vielleicht ringen Sie gerade damit, Ihre Ehe zu beenden und der Therapeut ist gerade selber verlassen worden, kann er Ihnen evtl. nicht objekti genug gegenübertreten.
Sind Sie sich aber einig, dass Sie die Therapie gemeinsam durchführen möchten, benötigen Sie einen „Konsiliarbericht“ von einem niedergelassenen Arzt. Wie schon in Kapitel 2 angesprochen soll darin stehen, dass keine körperliche Erkrankung der Psychotherapie im Wege steht. Der Therapeut muss einen offiziellen Therapieantrag an Ihre Krankenkasse stellen, der aber üblicherweise bewilligt wird. Sie brauchen dabei keine Angst zu haben, dass der Sachbearbeiter Ihrer Krankenkasse nun genau über Ihren Seelenzustand Bescheid weiß: lediglich ein Gutachter bekommt Ihren Bericht zu sehen, und er kennt nicht Ihren Namen, sondern nur eine Chiffre-Nummer. Der Sachbearbeiter kennt zwar Ihren Namen, nicht aber den Inhalt des Berichtes, sondern nur ob die Therapie bewilligt werden soll oder nicht.
Es gibt in Deutschland drei Psychotherapieformen, die von den Gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden: die Kognitie Verhaltenstherapie (KVT), die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (TfP oder TP) und die Psychoanalyse (PA), dazu komme ich aber noch. Wenn Sie zum ersten Mal eine Therapie machen, selektieren Sie nicht von Anfang an, suchen Sie sich also nicht zuerst die Therapieform aus und dann einen Therapeuten, der Sie durchführt. Suchen Sie stattdessen einen Therapeuten, bei dem die Chemie stimmt. Es hat sich vielfach herausgestellt, dass ein gutes Verhältnis zwischen Patient und Therapeut ein wichtigerer Faktor für das Gelingen einer Therapie ist als die Therapieform an sich. Erst wenn Sie feststellen, dass die Vorgehensweise selbst nicht passend für Sie ist oder Sie von einem Therapeuten eine bestimmte Therapieform empfohlen wird, können Sie gezielt danach suchen.
Das Kostenübernahmeverfahren/Kostenerstattungsverfahren
Es gibt eine Möglichkeit, die langen Wartezeiten zu umgehen, sie ist jedoch mit etwas Aufwand verbunden. Die GKV ist durch den Gesetzgeber verpflichtet, seinen Mitgliedern bei Bedarf zeitnah einen Therapieplatz anzubieten, also innerhalb von drei Monaten (das ist immer noch eine lange Zeit, aber immer noch besser als 6 Monate plus). Kann Ihre Krankenkasse dies nicht und haben Sie stattdessen einen Therapeuten ohne Kassenzulassung gefunden, der Ihnen zeitnah Termine anbieten kann, können Sie die Kostenübernahme beantragen. Der betreffende Therapeut muss seine Approbationsurkunde, die Diplomurkunde über ein abgeschlossenes Psychologiestudium sowie den Nachweis einer abgeschlossenen psychotherapeutischen Zusatzausbildung im Richtlinienverfahren oder vergleichbare Qualifikationsnachweise (Fachkundennachweise) vorlegen.
Fragen Sie bei Ihrer Krankenkasse nach, wie Sie genau vorgehen sollen. Üblicherweise müssen Sie nachweisen, dass Sie bei mindestens fünf Therapeuten nicht innerhalb von drei Monaten einen Termin bekommen können; das tun Sie, indem Sie sich notieren, wann (Datum und Uhrzeit) Sie bei welchem Therapeuten angerufen haben und wie lange dessen Wartezeit ist. Außerdem benötigen Sie für den Antrag den Konsiliarbericht und eine Bescheinigung darüber, dass die Therapie nicht warten kann („Dringlichkeitsbescheinigung“). Der Therapeut muss Ihren Antrag unterstützen.
Warten Sie unbedingt die Bewilligung ab, bevor Sie mit der Therapie beginnen, damit Sie nicht hinterher auf hohen Kosten sitzenbleiben! Sie müssen bei diesem Verfahren in Vorkasse gehen und können die Rechnungen dann bei Ihrer Krankenkasse zur Erstattung einreichen.
Üblicherweise genehmigt die GKV zunächst bis zu fünf probatorische Sitzungen, danach muss der Therapeut den Therapieantrag mittels eines Gutachtens an die GKV stellen und dazu Umfang und Frequenz der Therapiesitzungen, Therapieziele und die Therapieprognose angeben.
Flyer als PDF zum Download: http://www.deutschepsychotherapeutenvereinigung.de/fileadmin/main/g-datei-download/Patienteninformation/Flyer_Psychotherapie_in_Kostenerstattung.pdf
- Psychologischer Psychotherapeut: Die meisten praktizierenden Psychotherapeuten sind Psychologische Psychotherapeuten.
Der psychologische Psychotherapeut hat ein Studium der Psychologie mit Diplom abgeschlossen und eine anschließende Ausbildung nach dem Pschotherapiegesetz abgeschlossen - während der Zeit der Ausbildung trägt der Auszubildende den Titel „Psychotherapeut in Ausbildung“ (PiA).
Diese Zusatzausbildung dauert 3-5 Jahre und beinhaltet 4200 Stunden Arbeit, dazu gehören:
- 600 Stunden Theorie
- 1800 Stunden praktische Tätigkeit, davon ein Jahr in einem psychiatrischen Krankenhaus (Klinisches Jahr) und sechs Monate in einer psychosomatischen Klinik oder in der Praxis eines Ärztlichen Psychotherapeuten (s.u) oder Psychologischen Psychotherapeuten.
- 150 Stunden therapiebegleitende Supervision (in der Supervision wird die Arbeit des PiA von einem erfahrenen Therapeuten überwacht)
- 600 Stunden Patientenbehandlung in einer Ausbildungsambulanz
- 120 Stunden therapeutische Selbsterfahrung (hier durchläuft der PiA selbst eine Therapie).
Diese Ausbildung wird mit einer staatlichen Prüfung abgeschlossen, die aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil besteht. Danach können kann die Approbation (staatliche Zulassung) beantragt werden, um selbständig arbeiten zu dürfen. Außerdem kann die Eintragung in das Arztregister der Kassenärztlichen Vereinigung vorgenommen werden. (Wie bereits erwähnt sind die Plätze begrenzt.)
Die Therapeuten spezialisieren sich auf eine Therapieform. In Deutschland übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die Kognitive Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie sowie Psychoanalyse (s.u.).
Psychologische Psychotherapeuten haben keine medizinische Ausbildung und dürfen daher keine Rezepte oder Krankenscheine ausstellen.
Ärztlicher Psychotherapeut: Ärztliche Psychotherapeuten haben Medizin studiert und konnten die Approbation bereits nach dem Staatsexamen beantragen, also nach Abschluss des Studiums. Sie bildet die Voraussetzung für die fachärztliche Weiterbildung, die auch im psychotherapeutischen Bereich stattfinden kann. Ärztliche Psychotherapeuten dürfen Rezepte und Krankmeldungen ausstellen.
Die Fortbildung enthält:
- 240 Stunden Therapie
- 5 Jahre psychotherapeutische Arbeit
- 1200-1500 Therapiestunden
- 300 Stunden Supervision
- 50 Doppelstunden Supervision in der Gruppe
- 150 Stunden Selbsterfahrung
- 70 Doppelstunden Selbsterfahrung in der Gruppe
- Psychotherapeut nach Heilpraktikergesetz (Psychotherapeut HPG), Psychologischer Berater, Coach: Neben den Psychologischen und Ärztlichen Psychotherapeuten gibt es auch noch die Psychotherapeuten nach Heilpraktikergesetz. Heilpraktiker haben keine Kassenzulassung, die Behandlung muss von dem Patienten selbst (privat) bezahlt werden und auch das Kostenübernahmeverfahren (s.o.) kann hier nicht angewendet werden.
Heilpraktiker müssen kein Medizin- bzw. Psychologiestudium absolviert haben, sondern besuchen Kurse an speziellen Schulen oder belegen einen Fernkurs, für die oft keine bestimmte Eingangsqualifikation vorzuweisen ist. Auch unterliegt die Arbeit des Heilpraktikers keiner berufsrechtlichen Aufsicht.
Bevor der Heilpraktiker (HPG) diese Berufsbezeichnung führen darf, muss er sich einer Kenntnisprüfung durch das Gesundheitsamt unterziehen, in einer schriftlichen (Multiple-Choice-Test) sowie mündlichen Prüfung wird geprüft, ob der Anwärter “ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten in folgenden Gebieten besitzt:
- im psychotherapeutischen Bereich ausreichend diagnostische Fähigkeiten in Bezug auf das einschlägige Krankheitsbild verfügt und
- die Befähigung besitzt, Patienten entsprechend der Diagnose psychotherapeutisch zu behandeln, so dass für diese keine weitere Gefährdung besteht,
- ob der Anwärter ausreichende Kenntnisse, insbesondere im psychotherapeutischen Bereich, über die Abgrenzung heilkundlicher Tätigkeit gegenüber heilkundlichen Behandlungen besitzt, die den Ärzten und den allgemein als Heilpraktiker tätigen Personen vorbehalten sind.“ (Quelle : Wege zum Heilpraktiker - Eine Orientierungshilfe der gemeinnützigen Aktion Bildungsinformation Stuttgart e.V. (http://www.abi-ev.de/art9i.htm))
Während der „klassische“ Heilpraktiker sowohl körperliche als auch seelische Leiden diagnostizieren und behandeln - also auch therapeutische Beratung anbieten - darf, dürfen Heilpraktiker mit der eingeschränkten Erlaubnis auf dem Gebiet der Psychotherapie (in der Umgangssprache auch als „Kleiner Heilpraktikerschein“ bekannt) nicht auch körperliche Untersuchungen durchführen bzw. körperliche Leiden kurieren.
Unzählige. Ambulant werden aber nur drei Verfahren („Richtlinienverfahren“) von der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen:
- Die Psychoanalyse (PA): Dies ist die bekannteste Therapieform, jedoch ist sie nicht so verbreitet wie die beiden anderen. Sie geht auf Sigmund Freud zurück und ist eine sogenannte „aufeckende“ Therapie, d.h. es wird davon ausgegangen, dass unser Denken und Handeln auf unterbewusste Prozesse zurückzuführen ist. Ziel der Therapie ist es, diese Strukturen bewusst zu machen.
Die klassische Psychoanalyse umfasst mehrere Therapiestunden pro Woche, oft über Jahre hinweg, wobei der Patient liegt und den aktiven Teil der Therapie übernimmt, während der Therapeut sich eher zurückhält. Der Patient soll unzensiert alles äußern, was ihm gerade in den Sinn kommt („freies Assoziieren“). Oft werden Träume analysiert, da sie als ein Fenster zum Unterbewussten gelten.
Allerdings arbeiten nicht alle Psychoanalytiker nach diesem Verfahren. Vielfach sitzen sich auch hier Patient und Therapeut gegenüber und die Frequenz der Stunden wird individuell abgesprochen.
Die Psychoanalyse ist eine Langzeittherapie („die Seele braucht Zeit“), üblicherweise in einem Rahmen bis zu 160 Stunden mit der Möglichkeit, auf bis zu 240 Stunden zu verlängern - in begründeten Einzelfällen auf bis zu 300 Stunden, aber höchsten 180 Stunden pro Jahr.
- Die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT oder VT): „kognitiv“ leitet sich von dem lateinischen Wort cognoscere ab und bedeutet so etwas wie „erkennen“ und bezieht sich auf das Denken und Verstehen. Inhalt der Therapie ist es, dass Sie sich Ihrer Denkmuster (und -fehler) bewusst werden, die Ihr Verhalten bestimmen. Darüber werden Sie lernen, Ihre krankheitserhaltenden Verhaltensweisen durch gesündere zu ersetzen. Die Kognitive Verhaltenstherapie orientiert sich sehr stark am Hier und Jetzt und macht nur Ausflüge in Ihre Vergangenheit, wo es wirklich wichtig ist.
Die KVT ist die am besten erforschte Therapieform und ihre Wirksamkeit ist gut belegt.
Besonders bei der Behandlung von spezifischen Problemen, z.B. Phobien, ist die KVT sehr erfolgreich. Wenn Sie beispielsweise unter Höhenangst leiden, spielt es kaum eine Rolle, woher diese Angst kommt. Der Therapeut wird Sie stattdessen anleiten, nach vorne zu schauen und Sie sachte Stück für Stück an diese Angst heranleiten und Sie dazu ermuntern, sich in kleinen Schritten Ihrer Angst zu stellen, indem Sie sich ihr aussetzen - sprich, immer größeren Höhen auszusetzen.
Die KVT arbeitet praktisch und es wird häufiger vorkommen, dass der Therapeut Ihnen „Hausaufgaben“ aufgibt. Das kann in Form von Fragebögen oder Tabellen sein, vielleicht sollen Sie einen Tages- oder Wochenplan erstellen oder bestimmte Situationen gezielt aufsuchen. Wenn Sie unter Depressionen leiden, geht es meist darum, wieder aktiv zu werden und zu lernen, Gefühle wieder wahrzunehmen.
Therapeut und Patient sitzen sich bei dieser Therapieform gegenüber, die Termine finden üblicherweise einmal wöchentlich oder zweiwöchentlich statt. Häufig wird zunächst eine Kurzzeittherapie von 25 Stunden beantragt, es besteht danach jedoch die Möglichkeit der Verlängerung; in begründeten Einzelfällen schrittweise auf bis zu 80 und nach weiterem Antrag auf bis zu 100 Stunden.
Buchtipp:
- „Kognitive Verhaltenstherapie für Dummies“ und „Übungsbuch Kognitive Verhaltenstherapie für Dummies“, Rob Willson und Rhena Branch, Verlag Wiley-VCH
- Die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (TfP oder TP): Diese Therapieform ist die Weiterentwicklung der Psychoanalyse und forscht ebenfalls in der Tiefe der Seele, hat aber sonst nur wenige Ähnlichkeiten mit der klassischen Psychoanalyse, da sie zielorientierter arbeitet und der Therapeut eine aktivere Rolle einnimmt. Der Fokus liegt vor allem auf zwischenmenschlichen Themen, den damit verbundenen Schwierigkeiten und den in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen und ihren Auswirkungen auf das heutige Erleben, Bewerten, Fühlen und Handeln. Was wir als Kinder und Jugendliche gelernt haben, beeinflusst uns bis heute zumeist unbewusst; die TfP geht diesen früh angelegten Mustern auf den Grund. Der Patient lernt, die Konflikte hinter seiner Symptomatik zu erkennen, um so freier handeln zu können.
Hier sitzen sich Patient und Therapeut gegenüber, selten gibt es eine Couch. Die Termine finden einmal pro Woche statt, bei Bedarf auch zweimal, die Therapie dauert üblicherweise bis zu 50 Stunden mit der Möglichkeit, auf bis zu 80 Stunden zu verlängern; in begründeten Einzelfällen auf bis zu 100 Stunden.
Buchtipp:
- „Da gehen doch nur Bekloppte hin - Aus dem Alltag einer Psychotherapeutin“, Andrea Jolander, Heyne-Verlag
Viele machen sich vor dem ersten Besuch beim Psychotherapeuten sehr viele Gedanken und sind sich unsicher, was auf sie zukommt und was erwartet wird. Das kann bereits bei der Kleidung anfangen. Dabei gibt es keinen Knigge - wählen Sie etwas aus, mit dem Sie sich wohlfühlen. Wenn es Ihnen Sicherheit gibt, sich schick zu machen, dann tun Sie das. Erwartet wird es aber nicht.
Sie brauchen auch außer Ihrer Versichertenkarte nichts mitzubringen.
Seien Sie unbedingt pünktlich. Wenn Sie sich verspäten, geht diese Zeit von Ihrer Therapiestunde ab, da es niemand gibt, den der Therapeut stattdessen mal eben drannimmt. Anders als normalerweise beim Arzt handelt es sich bei Psychotherapeuten um eine „Bestellpraxis“, d.h. er reserviert seine Termine ausschließlich für Sie.
Aus diesem Grund kann es auch passieren, dass Sie eine Therapiestunde aus eigener Tasche bezahlen müssen, wenn Sie einmal kurzfristig absagen müssen, auch wenn Sie für den Grund eigentlich gar nichts können; die meisten Therapeuten erwarten, dass Sie mindestens 24 Stunden vorher absagen, damit er die Möglichkeit hat, diese Stunde einem anderen Patienten anzubieten.
Kommen Sie aber auch nicht viel zu früh - am besten klären Sie bereits im Vorfeld mit dem Therapeuten, wie es für ihn am günstigsten ist, aber meist reicht es, wenn sie höchstens zehn Minuten vorher da sind. Eine Therapiestunde dauert 50 Minuten, die Termine werden üblicherweise im Stundentakt vergeben, so dass der Therapeut zwischen den Stunden kurz Zeit hat für ein paar kurze Notizen oder einen Toilettengang. Wenn Sie also eine halbe Stunde vorher klingeln kann es sein, dass er gerade mitten im Gespräch ist und unterbrechen muss - er hat normalerweise keine Sprechstundenhilfe und öffnet Ihnen die Tür persönlich.
Es gibt ein Wartezimmer, allerdings werden dort außer Ihnen kaum andere Patienten warten, es sei denn, es handelt sich um eine Gemeinschaftspraxis. Außerdem gibt es eine Toilette.
Pünktlich zu Ihrem Termin bittet der Therapeut Sie in sein Sprechzimmer. Je nach persönlichem Geschmack ist dieses eher schlicht und funktional eingerichtet oder bunt dekoriert, es wird jedoch tendenziell „gemütlicher“ wirken als das Sprechzimmer eines Arztes. Sie werden zwei Stühle vorfinden sowie einen kleinen Tisch, auf dem Taschentücher bereitliegen. Nicht jeder weint in der Therapiestunde, aber es kommt so häufig vor, dass der Therapeut damit gut umgehen kann und Sie sich nicht dafür schämen müssen. Greifen Sie also ruhig zu, falls es nötig werden sollte.
In der ersten Stunde geht es nicht sofort mit der Therapie los. Zunächst einmal wird der Therapeut Sie bitten, sich ein wenig vorzustellen und Ihre Probleme zu schildern. Er wird nicht erwarten, dass Sie gleich in die Vollen gehen, er weiß, dass manche Themen so schwierig sind, dass zunächst ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden muss. Allerdings sollten Sie schon so offen wie möglich und vor allem ehrlich zu ihm sein, denn er muss sich ja ein Bild von Ihren Beschwerden machen können.
Oftmals befürchten Therapieneulinge, dass sie - ohne es zu wollen - die für sie typische fröhliche Maske aufsetzen werden und es nicht schaffen, ihre Probleme zuzugeben. Keine Sorge, der Therapeut weiß selbst, dass es für Sie ungewohnt und neu ist, völlig offen über die Dinge zu sprechen, die schieflaufen und sich unangenehme Gefühle und Gedanken einzugestehen, statt sie zu übergehen und wegzulächeln. Er weiß, dass Ihnen das schwerfallen wird und er weiß auch, dass er hinter diese Fassade blicken muss. Deshalb wird er Sie behutsam an diese Themen heranführen und Ihnen die Zeit geben, die Sie benötigen.
Beginnen wird er aber wahrscheinlich mit weniger sensiblen Themen, wie Ihrem Alter, Ihrem Beruf, Ihrer Arbeitssituation, Ihrem sozialen Umfeld etc. Es kann sein, dass er sich während Sie sprechen Notizen macht, vielleicht erledigt er das aber auch im Anschluss an die Sitzung.
Nach 50 Minuten beendet der Therapeut die Sitzung, auch wenn Sie sich gerade warmgeredet haben und am liebsten weitermachen würden, wo Sie gerade so schön dabei sind. Wie wir schon festgestellt haben, möchte der nächste Patient seine Sitzung bereits in zehn Minuten beginnen. Bevor Sie sich verabschieden, vereinbaren Sie einen neuen Termin, es sei denn, Sie wissen jetzt schon, dass Sie bei diesem Therapeuten keine Therapie beginnen möchten. Scheuen Sie sich in diesem Fall nicht, dies auch offen zu äußern, der Therapeut wird es nicht persönlich nehmen. Der Erfolg einer Psychotherapie basiert vor allem auf einer guten Beziehung zwischen Patient und Therapeut und nicht immer „passt“ es - daran ist nichts Schlimmes.
Vielleicht sind Sie sich aber auch noch nicht sicher und möchten noch einmal wiederkommen - Sie haben ja insgesamt fünf Sitzungen Zeit, sich eine Meinung zu bilden, bevor Sie sich verbindlich entscheiden müssen.
Wenn eine Verbeamtung für Sie noch aussteht, könnte diese gefährdet werden, wenn Sie eine Psychotherapie bei der Krankenkasse beantragen, so dass es evtl. Sinn machen würde, die Kosten selbst zu übernehmen; auch wenn Sie eine Berufsunfähigkeits- oder Lebensversicherung abschließen möchte, könnte es sich nachteilig auswirken.
Wie schon gesagt genehmigt Ihre Krankenkasse zunächst eine bestimmte Anzahl Stunden. Wenn diese sich dem Ende neigen, überlegen Sie zusammen mit Ihrem Therapeuten, wo Sie gerade stehen: Hat Ihnen die Therapie schon so geholfen, dass Sie von nun an alleine klarkommen? Das wäre natürlich das Beste, auch wenn der Abschied Ihnen wahrscheinlich schwerfallen und auch Angst machen wird, aber das ist ganz normal.
Haben Sie das Gefühl, dass Sie schon ein bisschen was erreicht haben, aber noch nicht fertig sind? Dann besteht die Möglichkeit, weitere Stunden zu beantragen, dazu muss Ihr Therapeut ein erneutes Gutachten für die Krankenkasse erstellen, in dem er den bisherigen Therapieverlauf zusammenfasst und erklärt, warum weitere Stunden notwendig sind und wie die neuen Therapieziele aussehen. Wie schon im Erstantragsverfahren bekommt diesen Bericht ein Gutachter der Krankenkasse zu Gesicht, er entscheidet auch, ob weitere Stunden genehmigt werden, was häufig der Fall ist.
Irgendwann ist aber das Ende der Fahnenstange erreicht und es können keine weiteren Stunden beantragt werden, bzw. die Krankenkasse lehnte den Antrag ab und auch ein Widerspruch war erfolglos. Jetzt müssen Sie sich fragen: Brauche ich wirklich weitere therapeutische Unterstützung, kann ich wirklich noch durch weitere Therapie Fortschritte erzielen oder hält mich lediglich eine große Verlustangst davon ab, die Therapie zu beenden?
Wenn wirklich alle Stunden aufgebraucht sind, gelangen Sie in eine zweijährige Wartephase, währendderer es sehr schwierig wird, in derselben Therapieform eine erneute Therapie zu beantragen. Es ist nicht völlig ausgeschlossen, in sehr schweren Fällen und mit Dringlichkeitsbescheinigung eines Arztes kann Ihr Therapeut den Gutachter der Krankenkasse vielleicht dazu überreden, eine Ausnahme für Sie zu machen - aber es ist sehr viel Aufwand und nur für wirklich schwere Fälle gedacht. Im Normalfall, auch wenn Sie sich sehr schlecht fühlen, sind die Stunden irgendwann aufgebraucht.
Allerdings gibt es für den Therapeuten die Möglichkeit, Nachsorge- und Notfalltermine über die Krankenkasse abzurechnen, und zwar über das Therapieende hinaus, und zwar bis zu drei Termine pro Quartal. Diese Stunden werden schlechter bezahlt als normale Therapiestunden, so dass einige Therapeuten dies nicht anbieten.
Sie können aber auch während der Zwangspause die Therapieform (und damit den Therapeuten) wechseln. Wenn Sie also zunächst eine Kognitive Verhaltenstherapie gemacht und beendet haben, können Sie sich einen Tiefenpsychologen suchen und, wenn dieser zustimmt, trotz der zweijährigen Wartephase eine Therapie beantragen. Auch dieses Verfahren bedeutet für den (neuen) Therapeuten sehr viel Arbeit, so dass viele den Aufwand scheuen.
Die Möglichkeit eines stationären Klinikaufenthaltes bleibt von dieser Regelung unberührt.